„Mama, er hat angefangen!“ – „Papa, das ist voll gemein!“ Konflikte gehören zum Familienalltag wie das Abendbrot. Doch wie können wir als Familie einen Weg finden, respektvoll miteinander umzugehen? Die Gewaltfreie Kommunikation bietet uns dafür wertvolle Werkzeuge.

Mit Giraffe und Wolf durch den Familienalltag

Stellen Sie sich vor, Sie hätten zwei innere Berater: Die weise Giraffe und den impulsiven Wolf. Die Giraffe mit ihrem langen Hals behält den Überblick und hat das größte Herz aller Landtiere – perfekt für mitfühlendes Verstehen. Der Wolf dagegen reagiert schnell und emotional – er bellt, knurrt und verteidigt sein Revier.

Beide haben ihre Berechtigung! Manchmal brauchen wir die schnelle, deutliche Reaktion des Wolfs („Stopp! Nicht auf die Straße laufen!“). Meist hilft uns aber die Giraffenperspektive weiter.

Aus dem echten Leben: Typische Familiensituationen neu gedacht

Manchmal ist es leichter zu verstehen, wie Gewaltfreie Kommunikation funktioniert, wenn wir uns echte Situationen anschauen. Bei jedem Beispiel sehen Sie die spontane „Wolfssprache“ und wie der gleiche Inhalt in „Giraffensprache“ klingen würde. Los geht’s…

Situation 1: Die Hausaufgaben-Schlacht

  • Wolf: „Jetzt sitz endlich hin und mach deine Hausaufgaben! Das gibt’s doch nicht, dass wir das jeden Tag diskutieren müssen!“
  • Giraffe: „Ich sehe, dass du noch nicht mit den Hausaufgaben angefangen hast. Ich mache mir Sorgen, weil mir wichtig ist, dass du gut in der Schule mitkommst. Was brauchst du, um anfangen zu können?“

Situation 2: Das chaotische Kinderzimmer

  • Wolf: „In diesem Saustall kann ja kein Mensch leben! Räum sofort auf!“
  • Giraffe: „Wenn ich die Legosteine auf dem Boden sehe, mache ich mir Sorgen um unsere Füße. Magst du mir in den nächsten 15 Minuten beim Einsammeln helfen?“

Situation 3: Der Geschwisterstreit

  • Wolf: „Könnt ihr nicht einmal normal miteinander spielen? Immer dieses Gezanke!“
  • Giraffe: „Ich höre, dass ihr beide wütend seid. Du möchtest mit dem roten Auto spielen und du auch. Lasst uns gemeinsam eine Lösung finden, die für euch beide passt.“

Praktische Hilfsmittel für den Alltag

Das Gefühle-Barometer

Hängen Sie ein Plakat auf, auf dem jedes Familienmitglied mit einem Magneten oder Sticker zeigen kann, wie es ihm gerade geht. Das hilft besonders kleineren Kindern, ihre Gefühle auszudrücken.

Der Friedenswinkel

Richten Sie eine gemütliche Ecke ein, in die sich Familienmitglieder zurückziehen können, wenn sie Ruhe brauchen. Mit Kissen, Bilderbüchern und vielleicht einer Sanduhr zum „Runterkommen“.

Die Wunsch-und-Sorgen-Box

Hier darf jeder Zettel einwerfen mit Dingen, die beim nächsten Familienrat besprochen werden sollen.

Besondere Herausforderungen in der Pubertät

Eine besonders heikle Phase im Familienalltag ist die Pubertät, die viele Veränderungen und Herausforderungen mit sich bringt. Gerade dann, wenn Jugendliche beginnen, ihre eigenen Grenzen auszuloten, ist die Gewaltfreie Kommunikation besonders wertvoll. Die Giraffensprache hilft dabei, die Bedürfnisse aller Beteiligten zu respektieren und Konflikte nicht eskalieren zu lassen. Hier erfahren Sie, wie Sie auch in dieser herausfordernden Lebensphase eine respektvolle Kommunikation aufrechterhalten können.

Kleine Schritte, große Wirkung

Die Gewaltfreie Kommunikation ist keine Zauberformel, die über Nacht alle Konflikte löst. Aber sie gibt uns Werkzeuge an die Hand, mit denen wir:

  • Konflikte frühzeitig entschärfen können
  • die Bedürfnisse aller Familienmitglieder ernst nehmen
  • eine Atmosphäre von Verständnis und Respekt schaffen

Was tun, wenn der Wolf mit uns durchgeht?

Auch das gehört dazu! Nehmen Sie es als Gelegenheit, um:

  • sich zu entschuldigen (das stärkt die Beziehung!)
  • gemeinsam zu überlegen, was Sie beim nächsten Mal anders machen könnten
  • sich selbst mit Verständnis zu begegnen

Der wichtigste Tipp zum Schluss

Fangen Sie klein an! Suchen Sie sich eine häufige Konfliktsituation in Ihrer Familie aus und üben Sie dort die „Giraffensprache“. Wenn das gut klappt, kommt der Rest von allein.

Denken Sie daran: Ihre Kinder lernen nicht durch das, was Sie sagen – sondern durch das, was Sie vorleben. Jeder Moment, in dem Sie die „Giraffensprache“ wählen, ist ein Geschenk an Ihre Familie.

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